Woche 40
Verbunden in der Stille, Woche 40, September 2020
www.viaintegralis.ch
Langmütig sein
Kürzlich habe ich die Definition gelesen, dass Geduld die Fähigkeit sei, auf etwas zu warten, das wir uns wünschen oder aber auch mit etwas Unangenehmen zu leben. Diese Fähigkeit sei früher Langmut genannt worden.
Das altertümliche Wort Langmut gefällt mir für die momentane Situation, in der wir leben. Beim Wort Geduld höre ich mehr die Erwartung heraus, dasseines Tages eintreffen oder aufhören wird, was wir uns wünschenund so, wie wir es uns wünschen. Langmut klingt in meinen Ohren ergebnisoffener.
Rein sprachlich kennt nur Geduld ein Gegenteil. Ungeduld ist ein Produkt unserer Gedanken. Es sind solche, die unruhig oder nervös machen, drängen, am «Gras ziehen», obwohl es dadurch nicht schneller wächst. Wir haben es in der Hand, anders zu denken. Dazu gehört auch, sich selbst freundlich zu fragen, welches Bedürfnis hier eigentlich genau drängt und was jetzt gut tun würde zur Beruhigung der Gedanken und des Körpers. Das dankbare Anerkennen dessen, was mir geschenkt und auf den Weg mitgegeben ist hilft, dem Gefühl des Mangels etwas entgegen zu setzen.
Langmütig sein heisst, längere Zeit guten Mutes zu sein, auch wenn die Zeichen nicht so gut stehen. Langmütig sein spricht vom Mut, sich für etwas auf die Länge einzusetzen, nicht zu verzagen, nicht aufzugeben und nicht zu verzweifeln, auch in Unsicherheit. Langmut hat etwas mit Hingabe zu tun. Und mit der Bereitschaft, Unwillkommenes anzunehmen und damit zu leben und dabei an der Hoffnung festzuhalten - an die Hoffnung im Nicht-Wissen, ins Leere hinein.
Langmut brauchen wir tatsächlich, da die Corona-Zahlen steigen und kein Ende der Pandemie in Sicht ist, da das Flüchtlingselend unlösbar scheint und die Natur weiter leidet. Langmut brauchen wir genauso persönlich, wenn eine Krankheit nicht ausheilen möchte, eine Krise lange anhält oder in vielen anderen Durststrecken-Situationen.
Der Apostel Paulus nennt in seinem Hohelied der Liebe die Langmut unter den herausragenden Merkmalen der Liebe. Langmütig sein ist eine liebende und vertrauensvolle Haltung, die den guten Ausgang erhofft, aber in Offenheit,wann und wiees sein wird. Das Glück ist nicht immer dort zu finden, wo die Dinge laufen wie geplant. Oft ist das überraschend Andere glückbringend. Es braucht unser Da-sein-lassen und Annehmen des Unabänderlichen, das Überschreiben alter Gedankenmuster und den gütigen Blick auf das, was ist.
Dass Meditation und Achtsamkeit ein guter Weg sind, um Langmut zu üben, erfahren alle, die sich darauf einlassen. Mit der Aufmerksamkeit im Atem und im Körper zu ruhen, bringt die Gedanken ins Hier und Jetzt. Von Moment zu Moment präsent zu sein vertreibt die Ungeduld und zeigt, dass jeder Moment im Jetzt wahrgenommen, ein guter, ja glücklicher Moment sein kann.
Diese Woche möchte ich mich in Langmut üben. Für mich selbst und für die Geschehnisse weltweit.
Claudia Nothelfer, Kontemplationslehrerin vi
Zu diesen Zeiten sind Menschen in der Stille:
7°°-8°°
11.30-12°°
17.30-18°°
19°°-20°°
Herzlich mit Euch verbunden wünschen wir Euch eine gesegnete Woche
Claudia Nothelfer, Erich Schlumpf, Margrit Wenk-Schlegel