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Woche 27


Verbunden in der Stille, Aufschrei, Woche 27, 2021
 
Liebe Leserinnen und Leser von ‚Verbunden in der Stille‘,
 
auf dem G-7 Gipfel 11.-13.06.21 in Cornwall haben die Staatschefs (männlich und weiblich) beschlossen, 870 Millionen Impfdosen an die bedürftigsten Länder zu liefern. Das klingt gut. Allerdings nur 50% noch bis Jahresende, den Rest erst bis Ende 2022. Neben dem Ziel der Eindämmung der Pandemie weltweit steht dieser Beschluss auch in einem politischen Kontext, um in Bezug auf die chinesischen und russischen Angebote an Impfstoffen in der Welt nicht zu sehr in Rückstand zu geraten. „Wenn wir etwas überzählig haben, werden wir das natürlich auch weitergeben“ sagte Angela Merkel (TAZ 14.06.21).
Soweit, so schlecht. Laut WHO hätten die bisher weltweit verimpften 2 Milliarden Dosen ausgereicht, um alles medizinische Personal und alle älteren Menschen auf der Welt zu impfen. Die Wirklichkeit dagegen beschreibt der Chef der globalen Anti-Covid-Allianz, Bruce Aylward, so: „Von den 2 Milliarden Dosen sind drei Viertel in nur zehn Ländern verimpft worden. Ganze drei Länder, China, die USA und Indien, haben 60% aller Impfdosen verbraucht. Auf der anderen Seite stehen die ärmsten Staaten, in denen jeder zehnte Erdenbürger lebt. Sie haben nicht mal ein halbes Prozent der verfügbaren Impfdosen erhalten“ (TAZ 12./13.06.21).
Ich möchte laut aufschreien, Einspruch! Wie sehr verstärken auch diese Pandemie und die Maßnahmen dagegen die Ungleichheit in der Welt, obwohl die Absichtsbekundungen der europäischen und deutschen Politiker:innen so anders waren: Eine solidarische Bekämpfung der Pandemie war angesagt! De facto stehen die eigenen Interessen im Vordergrund. Eine Freigabe der Covid-Impfpatente, welche sogar von Joe Biden unterstützt wird, wird von europäischen Staaten verhindert, Deutschland vorne mit dabei.
Zwei Argumente werden immer wieder genannt: Nach der Patentfreigabe wären die Impfstoffe schwer von anderen zu produzieren. Das ginge nur, wenn es in der Hand der - und in Kooperation mit den - Pharmaziefirmen bliebe, die die Impfstoffe entwickelt haben. Was bei diesem Ansatz herauskommt, sieht man an den bisherigen Impfzahlen und selbst an den bescheidenen Zusagen für die Zukunft. Ich bin kein Fachmann dafür. Mir scheint aber, dass viel mehr an Kompetenzweitergabe und Zusammenarbeit mit ärmeren Staaten möglich wäre.
Zweites Argument: Die Firmen müssen die Gewinne machen, um auch zukünftig rechtzeitig Gelder in Impfforschung zu stecken. Auch das ist kein absolutes Argument, sondern nur ein relatives. Natürlich müssen die Pharmaziefirmen leben und Risiken in der Forschung eingehen können. Aber: Jede Menge staatlicher Gelder gingen auch in diese Forschungen, also sind aus meiner Sicht auch die Gewinne zu teilen. Alle Firmen leben zu einem wichtigen Teil von Infrastrukturmaßnahmen und diversen Unterstützungen unserer Staaten. Ohne diese solidarischen Investitionen könnten sie ihre Gewinne gar nicht erwirtschaften. Es wird höchste Zeit, dass der Artikel 14, Absatz 2 des deutschen Grundgesetzes zur Wirkung und Anwendung kommt: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohl der Allgemeinheit dienen.“ Das sollte m. M. nach auch für Gewinne gelten, v.a. für große Gewinne.
„Die Impfungerechtigkeit ist Teil eines viel größeren Problems: Die Länder, die keinen Impfstoff haben, haben auch sonst fast nichts, um die Pandemie zu bewältigen“ (Tests, Schutzmaterial, gezielte Medikamente gegen Covid-19) (TAZ 12./13.06.21). Die niedergelassenen Ärzt:innen und das Krankenhauspersonal dort sind viel mehr in Gefahr als bei uns. Es ist kurzsichtig, nur den eigenen Bereich zu sichern. Das Virus reist aus allen Teilen der Welt weiter, entwickelt neue Varianten und macht vor den Toren der EU keinen Halt. Der Anstieg der Inzidenzen in Israel, in England, im Großraum Lissabon und in Afrika zeugt davon.
„Geht es nicht darum?“, fragt der Prophet Jesaja. „Mit Hungrigen dein Brot teilen, umherirrende Arme führst du uns Haus! Wenn du Leute nackt siehst, bekleidest du sie, vor deinen Angehörigen versteckst du dich nicht. Dann wird dein Licht wie die Morgenröte hervorbrechen, eilends wächst deine (!!) Wunde zu“ (Jes 58,7-8, Bibel in gerechter Sprache). Sind wir nicht Angehörige einer einzigen Menschheitsfamilie?
Rose Ausländer sagt es in ihrem Gedicht „gemeinsam“ so: 
„Vergesst nicht Freunde
wir reisen gemeinsam

es ist unsere
gemeinsame Welt
die ungeteilte
ach die geteilte …“
 
Ich wünsche uns zum einen, dass wir achtsam bleiben in dieser fortdauernden Pandemie. Zum anderen wünsche ich allen eine gute und hoffentlich auch erholsame Sommerzeit. Herzliche Grüße,
 
Winfried Semmler-Koddenbrock, Kontemplationslehrer vi
 
Zu diesen Zeiten sind Menschen in der Stille:
 
7°°-8°°
11.30-12°°
17.30-18°°
19°°-20°°
 
Herzlich mit Euch verbunden wünschen wir Euch eine gesegnete Woche
Claudia Nothelfer, Erich Schlumpf, Margrit Wenk-Schlegel

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