Flüchtlings- und Migrationsseelsorge konkret
Nachfolgend gebe ich ein paar Beispiele von jüngsten Einzelseelsorglichen Begegnungen in der Flüchtlings- und Migrationsseelsorge:
Seit drei Jahren begleite ich einen katholischen Syrer in unserer English Mass Community. Vor einem Jahr endete sein postdoktoralen Auftrag an der HSG als wissenschaftlicher Mitarbeiter. Wegen des Krieges konnte er nicht mehr nach Syrien zurück. Das Migrationsamt verweigerte ihm die Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung. Ich begleitete ihn zum BAZ in Altstätten, wo er einen Asylantrag stellen konnte. Gleichzeitig schickten wir Gesuche an mehrere andere Universitäten in Europa. Letzten Monat erhielt er eine Zusage aus einer Uni in Finnland mit Stellenantritt am 1. Januar 2021. Mit der finanziellen Hilfe des Dompfarramtes konnte er nun seinen abgelaufenen syrischen Pass erneuern und ein Einreisevisum bei der finnischen Botschaft beantragen. Die VIKO St.Fiden gab uns etwas Taschengeld für seine ersten Tage in Finnland.
Das Asylgesuch einer Tibeterin wurde abgelehnt. Mit vielen anderen abgelehnten Asylsuchenden wurde sie zur Ausschaffung nach Vilters auf den Sonnenberg verschoben. Nach Tibet können Tibeter/innen nicht abgeschoben werden. Aber eine Aufenthaltserlaubnis für die Schweiz wird ihnen dennoch wegen der diplomatischen Beziehung Schweiz-China verweigert. In Vilters bekommen sie nicht einmal die Nothilfe. Aber sie dürfen auf eigene Verantwortung bei Privatpersonen untergebracht werden. In St.Gallen bekam sie ein unmöbliertes Zimmer zur Verfügung gestellt. Ich konnte ihr ein Bett mit Matraze, Bettzeug, einen Schreibtisch und Stuhl organisieren.
Die Herausforderung der Coronavirus-Pandemie trifft die orthodoxe eritreische Gemeinde in St.Gallen sehr hart. Nachdem ich mit ihnen die Schutzmassnahmen für öffentliche Gottesdienste besprochen hatte, kamen sie zum Entschluss, das Feiern ihrer Gottesdienste mit Mahl bis auf weiteres einzustellen. Grund: Brot und Wein werden in einem speziellen Ritual vom Priester zusammengemischt. Im Gottesdienst wird diese Mischung mit einem kleinen Löffelchen jedem Gläubigen in den Mund direkt eingelöffelt. Dies verbietet nun das Schutzkonzept. Versuche, sie dazu zu motivieren, bei ihrem Patriarchen um Erlaubnis zu fragen, diesen Kommunionempfang anders zu gestalten, schlugen fehl.
Chika Uzor